Die BaFin hat eine Produktinterventionsmaßnahme eingeführt, die den Vertrieb von Turbo-Zertifikaten an Kleinanleger in Deutschland einschränkt, einschließlich der Verpflichtung zur Anzeige einer standardisierten Risikowarnung und der Durchführung einer Wissensabfrage vor dem Kauf. Zudem sind monetäre und nicht monetäre Anreize beim Erwerb dieser Produkte untersagt, um den Anlegerschutz zu verbessern, nachdem eine Marktuntersuchung erhebliche Verluste unter Kleinanlegern aufdeckte. Die Maßnahme tritt am 16. Juni 2026 in Kraft.
Die Produktinterventionsmaßnahme beschränkt die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von Turbo-Zertifikaten an Kleinanleger mit Sitz in Deutschland. Emittenten, Anbieter und Intermediäre müssen künftig eine standardisierte Risikowarnung anzeigen. Intermediäre müssen darüber hinaus vor Erwerb eine Abfrage durchführen, die das Wissen der Anleger zur Funktionsweise von Turbozertifikaten („Turbo-Basiswissen“) prüft und mindestens alle sechs Monate zu wiederholen ist. Zudem dürfen im Zusammenhang mit dem Erwerb dieser Produkte keine monetären und nicht monetären Vorteile wie etwa reduzierte Ordergebühren oder Neukundenboni gewährt werden. “Mit dieser Maßnahme stellen wir sicher, dass Kleinanleger sich über die besonderen Risiken von Turbo-Zertifikaten im Klaren sind, bevor sie investieren“, sagt Dr. Thorsten Pötzsch, Exekutivdirektor Wertpapieraufsicht und Asset-Management, „Turbo-Zertifikate können erhebliche Verluste verursachen – umso wichtiger ist es, Transparenz herzustellen und das Risikobewusstsein der Anleger zu schärfen.“ Geringfügige Anpassungen nach Anhörung Die BaFin hatte am 21. Mai 2025 eine öffentliche Anhörung zum Entwurf der Produktinterventionsmaßnahme ("Allgemeinverfügung") durchgeführt. Bis zum Ablauf der Frist am 3. Juli 2025 gingen 26 Stellungnahmen von Bürgerinnen und Bürgern, Verbänden und Instituten ein. Nach Bewertung der Stellungnahmen wurde die Umsetzungsfrist von ursprünglich drei auf acht Monate verlängert. Die Produktinterventionsmaßnahme tritt nun am 16. Juni 2026 in Kraft. „Mit der verlängerten Umsetzungsfrist berücksichtigen wir den hohen technischen und administrativen Aufwand der Institute“, erläutert Pötzsch. Die Institute hatten im Rahmen der Anhörung signalisiert, dass sie insbesondere für die Implementierung der Risikowarnung und der Abfrage des Turbo-Basiswissens in bestehende Handelssysteme mehr Zeit benötigen. Erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz Die BaFin hatte aufgrund einer umfassenden Marktuntersuchung zu Turbo-Zertifikaten erhebliche Bedenken beim Anlegerschutz: So hatte ein Großteil der Kleinanlegerinnen und Kleinanleger (74,2 Prozent) über einen Untersuchungszeitraum von fünf Jahren beim Handel mit Turbo-Zertifikaten Verluste erlitten. Im Durchschnitt verloren sie jeweils 6.358 Euro. Insgesamt summierten sich ihre Verluste im Untersuchungszeitraum auf mehr als 3,4 Milliarden Euro. Die BaFin bemängelte in punkto Anlegerschutz vor allem die hohe Komplexität von Turbo-Zertifikaten sowie die Vermarktungs- und Vertriebspraktiken bei diesen Produkten. Die BaFin kann die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von Finanzinstrumenten beschränken oder verbieten, wenn erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz bestehen. Das ergibt sich aus Artikel 42 der europäischen Finanzmarktverordnung MiFIR (Markets in Financial Instruments Regulation) und § 15 Absatz 1 Satz 2 des Wertpapierhandelsgesetzes in Verbindung mit Artikel 42 MiFIR . Auf ihrer Website informiert die BaFin Verbraucherinnen und Verbraucher, was sie bei Turbo-Zertifikaten beachten sollen.