Die BaFin hat ein aktualisiertes Merkblatt zur externen Bail-in-Implementierung veröffentlicht, das internationale Zentralverwahrer wie Euroclear Bank und Clearstream Banking Luxembourg in den Prozess einbezieht und die Abläufe, Zuständigkeiten sowie Kommunikationswege für eine effiziente und transparente Umsetzung des Bail-in beschreibt. Ziel ist es, die Abwicklungsfähigkeit von Instituten zu verbessern und den Markt durch eine zeitnahe technische Umsetzung sicherer zu gestalten, während zukünftige Versionen auch weitere grenzüberschreitende Aspekte berücksichtigen sollen.
Das Merkblatt zur externen Bail-in-Implementierung vermittelt den Instituten und Finanzmarktinfrastrukturen, wie und in welchem zeitlichen Rahmen sie sich bei einem Bail-in verhalten, austauschen und welche Kommunikationskanäle sie dabei nutzen sollen. Damit soll die externe Bail-in-Implementierung möglichst effizient und effektiv unterstützt werden. Ziel ist es zudem, durch eine zeitnahe technische Umsetzung des Bail-in Transparenz und Sicherheit am Markt zu schaffen. Der Entwurf der neuen Fassung bezieht internationale Zentralverwahrer – Euroclear Bank und Clearstream Banking Luxembourg – in den Prozess der externen Bail-in-Implementierung mit ein. Weitere grenzüberschreitende Aspekte sollen folgen. Doch was ist das konkrete Ziel des Merkblatts und wie hat es sich über die Jahre entwickelt? Die externe Bail-in-Implementierung setzt den Bail-in durch das betroffene Institut sowie die Finanzmarktinfrastrukturen technisch um, sobald die Abwicklungsanordnung bekannt ist. Involviert sind vor allem die (internationalen) Zentralverwahrer, Marktinformationsdienstleister und Börsen. Im Rahmen des Bail-in-Instruments werden zunächst die Eigentumstitel des abgewickelten Instituts gelöscht. Danach folgt die Herabschreibung von Verbindlichkeiten, bis die Aktivseite wertmäßig der Passivseite entspricht. Anschließend kann das Institut rekapitalisiert werden, indem eine Umwandlung der Verbindlichkeiten in neue Aktien erfolgt. Während das Institut bei der internen Bail-in-Implementierung die eigenen Systeme anpasst, sind es bei der externen die Finanzmarktinfrastrukturen, die unterstützen. So setzen Börsen ggf. den Handel von betroffenen Instrumenten aus und Marktinformationsdienstleister, in Deutschland beispielsweise die WM Datenservice, passen die Informationsbasis an und informieren den Markt über die Abwicklungsmaßnahme. Der Zentralverwahrer reduziert die betroffenen Instrumente in seinem System, generiert technisch neue Aktien und verbucht den Bail-in in den Konten seiner Teilnehmer – dazu gehören unter anderem die Depotbanken, nationale und internationale Zentralverwahrer sowie institutionelle Investoren. Das Merkblatt soll die Abwicklungsfähigkeit der Institute verbessern und den Markt durch eine zeitnahe technische Bail-in-Umsetzung transparenter und sicherer gestalten. Es beschreibt den Gesamtprozess (siehe Abbildung 2) mitsamt den beteiligten Akteuren, Zuständigkeiten, Kommunikationswegen und -schnittstellen sowie zeitlichen Abläufen. Darüber hinaus gibt es vor, welche Informationen das betroffene Institut bereitstellen muss, um die externe Bail-in-Implementierung zu unterstützen. Formatvorlagen für Dokumente, die das Institut ausfüllen muss, sind ebenfalls enthalten. Der Bail-in umfasst nach dem Sanierungs- und Abwicklungsgesetz ( SAG ) zwei Komponenten: Der Fokus der ersten Version des Merkblatts vom 1. Oktober 2019 war ein Basisszenario (siehe BaFinJournal August 2019). Es betrachtete nur Aktiengesellschaften mit Inhaberaktien, ging von in Euro emittierten, nicht strukturierten Anleihen aus und beschränkte sich auf die Aktivitäten der Finanzmarktinfrastrukturen, die das Merkblatt mit erstellt haben: Clearstream Banking Frankfurt ( CBF ), WM Datenservice und Frankfurter Wertpapierbörse. Die zweite Version des Merkblatts vom 13. April 2021 erweiterte den Fokus prozessual und technisch auf alle Rechtsformen sowie alle Aktiengattungen und berücksichtigte Fremdwährungsanleihen. Sie beinhaltete auch die Handelsaussetzung an regulierten und nicht regulierten Märkten der Regionalbörsen – etwa an der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse in Stuttgart. Außerdem bietet sie an, Zahlungen während der technischen Implementierung – also zeitlich befristet – auszusetzen. Zudem ging die Poolfaktorreduzierung in die zweite Fassung ein. Das Merkblatt richtet sich an alle Institute in Deutschland, deren Abwicklungsstrategie das WDCCI-Instrument (Herabschreibung und Umwandlung von Kapitalinstrumenten) und/oder Bail-in-Instrument umfasst – gleich, ob es sich um Institute bzw. Gruppen unter direkter Verantwortung der nationalen Abwicklungsbehörde oder des Single Resolution Board ( SRB ) handelt. Ausgeschlossen sind somit Institute bzw. Gruppen, die abwicklungsfähig sind, weil es aus Sicht der Abwicklungsbehörde nach Artikel 10 SRM - VO bzw. §§ 57 oder 58 SAG möglich ist, ein Insolvenzverfahren über deren Vermögen zu eröffnen. Aktuell konsultiert die BaFin die dritte Version des Merkblatts – Rückmeldungen sind bis zum 15. April 2022 möglich. Die wesentliche Erweiterung besteht darin, internationale Zentralverwahrer in einem sogenannten ICSD Add-On einzubeziehen – als einheitliches Vorgehensmodell, das in enger Abstimmung mit den internationalen Zentralverwahrern (ICSDs), dem Single Resolution Board ( SRB ) und anderen nationalen Abwicklungsbehörden entstand (siehe auch SRB-Dokument „Reflecting bail-in in the books of the International Central Securities Depositories (ICSDs)“). Dabei stehen grenzüberschreitende Aspekte der Verwahrung und Verwaltung von internationalen Inhaberschuldverschreibungen durch die internationalen Zentralverwahrer – Euroclear Bank und Clearstream Banking Luxembourg – im Mittelpunkt. Das gemeinsam entwickelte Vorgehensmodell wurde in die Ablauforganisation des bestehenden Merkblatts integriert, um den Besonderheiten der inländischen Bail-in-Implementierung Rechnung zu tragen (siehe Abbildung 2). Zudem weitet sich der Fokus beim abzuwickelnden Institut auf prozentnotierte strukturierte Schuldtitel aus. Mit der Aufnahme der Börsen Eurex Deutschland, Eurex Repo sowie der Tradegate Exchange deckt die neue Fassung die Handelsaufhebung bzw. Handelsaussetzung an allen relevanten Börsen in Deutschland ab. Hat das abzuwickelnde Institut internationale Inhaberschuldverschreibungen über die ICSDs begeben, sind sie bei der externen Bail-in-Implementierung direkt beteiligt. Auch ihre Aufsichtsbehörden sowie die gemeinsamen Verwahr- und Servicestellen sind involviert, so dass sich die Aktivitäten des Instituts auf weitere Finanzmarktinfrastrukturen beziehen. ICSD steht für International Central Securities Depository. Das ist ein internationaler Zentralverwahrer, der in der Wertpapierabwicklung von international gehandelten Instrumenten der verschiedenen nationalen Märkte, normalerweise zwischen den Währungsräumen, tätig ist (siehe auch Artikel 2 Nr. 43 der Leitlinie ( EU ) 2015/510 der Europäischen Zentralbank vom 19.Dezember 2014 über die Umsetzung des geldpolitischen Handlungsrahmens des Eurosystems (EZB/2014/60)). Die Erweiterung des Merkblatts beschränkt sich auf die einzigen zwei internationalen Zentralverwahrer in der Europäischen Union: die Euroclear Bank und die Clearstream Banking Luxembourg. Die ICSDs müssen den Bail-in analog zum inländischen Zentralverwahrer ( CBF ) in ihren Systemen umsetzen. Zudem sind die Aufsichtsbehörden der ICSDs – Commission de Surveillance du Secteur Financier (CSSF) und Nationale Bank van België (NBB) – über die Abwicklungsmaßnahme zu informieren. Die Verwahr- und Servicestellen der ICSDs (englisch: Common Safekeeper, Common Depositories oder Common Service Provider), passen die Globalurkunden der internationalen Inhaberschuldverschreibungen an. Die ICSDs können bei der externen Bail-in-Implementierung als „Issuer CSDs“ und als „Investor CSDs“ bzw. Teilnehmer des inländischen Zentralverwahrers mitwirken. Bei der technischen Reduzierung von internationalen Inhaberschuldverschreibungen – nach der Herabschreibung und Umwandlung – sind die ICSDs als „Issuer CSDs“ beteiligt. Das erfolgt auf der Basis von Informationen, die inländische Akteure bereitstellen. Kommt es zur Umwandlung von internationalen Inhaberschuldverschreibungen in neue Aktien, erzeugt immer die CBF die neuen Aktien und übermittelt sie an die ICSDs, die sie als „Investor CSDs“ bzw. Teilnehmer von CBF (siehe Abbildung 1) wiederum an ihre Teilnehmer verteilen – unter anderem nationale Zentralverwahrer und institutionelle Investoren. Somit setzt der ICSD-Prozess immer auf dem inländischen Prozess der Bail-in-Implementierung auf, weshalb es sich stets um eine Erweiterung bzw. ein Add-On handelt. Abbildung 1: Die Rolle der (I)CSDs im Prozess der externen Bail-in-Implementierung © BaFin © BaFin Legende © BaFin © BaFin Die Konsultation der dritten Version stellt lediglich einen Zwischenschritt bei der Abbildung aller Facetten der externen Bail-in-Implementierung dar. In zukünftigen Versionen möchte die BaFin weitere grenzüberschreitende Aspekte betrachten – beispielsweise weitere Zentralverwahrer in der Europäischen Union wie Monte Titoli, Iberclear etc. Zudem soll das Merkblatt künftig über den Bail-in von im Drittstaat (zum Beispiel über DTC oder SIX SIS) emittierten Verbindlichkeiten informieren. Für diese Arbeiten stimmt sich die BaFin eng mit anderen europäischen und nationalen Behörden ab, um ein einheitliches Vorgehen in der Europäischen Union zu gewährleisten. Abbildung 2: Gesamtprozess der externen Bail-in-Implementierung © BaFin © BaFin Legende © BaFin © BaFin Inna Bossler Dr.Johannes Schneider Dr.Christian Nowak BaFin -Gruppe Abwicklungsmaßnahmen und Methodik Der Beitrag gibt den Sachstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im BaFinJournal wieder und wird nicht nachträglich aktualisiert. Bitte beachten Sie die Allgemeinen Nutzungsbedingungen.